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  • Zunächst wird eine zerstörungsfreie physikalisch-technische Untersuchung durchgeführt. Hierbei wird geprüft, ob sich irgendwelche Spuren feststellen lassen, die auf eine Fälschung oder eine Verfälschung des zu prüfenden Dokumentes X hinweisen.
  • Anschließend folgt die schriftvergleichende Untersuchung, in der die Schriftmerkmale der zu prüfenden Schrift X und der Vergleichsschriften V erhoben und verglichen werden. Die Beurteilung der allgemeinen Merkmale erfolgt dabei auf Rangskalenniveau. Die besonderen Schriftmerkmale werden durch hinweisende Definitionen bestimmt.
  • Nach der Befunderhebung folgt die Befundbewertung. Dazu werden Hypothesen gebildet. Die Befundbewertung erfolgt mit einem definierten Set von Bewertungsregeln. Das Ergebnis der Untersuchung wird als Wahrscheinlichkeitsaussage formuliert.

Handschriftliches Dokument als Spur

In kriminalistischer Hinsicht ist ein handschriftliches Dokument zunächst einmal eine Spur, die mit kriminaltechnischen Verfahren untersucht wird. Ebenso wie bei anderen Spurenarten - z.B. Fingerabdrücke, Speichel, Blutspuren - stellen sich in der forensischen Praxis auch für Handschriften zunächst die Aufgaben der Spurensuche und Spurensicherung. Es muss genügend Untersuchungsmaterial vorliegen. Es werden spezifische physikalisch-technische Untersuchungen zur Sichtbarmachung von Durchschreibspuren, verdeckten Schriftzüge und Verfälschungen von Dokumenten durchgeführt.

Erfahrungswissenschaftliche Methoden

Schriftvergleichung beruht auf beobachtbaren Befunden und erfahrungswissenschaftlichen Methoden. Bei der schriftvergleichenden Befunderhebung werden nur beobachtbare Übereinstimmungen oder Unterschiede in den Schriftmerkmalen registriert. Beobachtungen werden mit bloßem Auge, im Stereomikroskop und unter Vergrößerung gemacht. Die Variationsbreite einer Handschrift wird berücksichtigt.

Schreiben ist Handeln und Verhalten. Als Schreibhandlung kann die eigene Handschrift bewusst geändert und eine fremde Schreibleistung nachgeahmt werden. Als Verhalten ist Schreiben abhängig von physiologischen und psycho-physiologischen Bedingungen. Schreiben ist ein erlerntes Verhaltensmuster. Eine Handschrift hat eine natürliche Variationsbreite und ist langfristig einer Schriftentwicklung unterworfen. Auch besondere Schreibbedingungen können zu Schriftänderungen führen. Daher genügt es bei forensischen Schriftuntersuchungen nicht, einfach nur auf die Befunde hinzuweisen. Vielmehr ist eine Befundbewertung unter Hypothesen notwendig.

Für die Befundbewertung werden Hypothesen gebildet, die alle Möglichkeiten berücksichtigen, auf welche Weise eine fragliche Schreibleistungen X entstanden sein könnte. Das Ergebnis der Untersuchung wägt die Wahrscheinlichkeit aller Hypothesen gegeneinander ab. Der Wahrscheinlichkeitsgrad als Ergebnis der Untersuchung basiert auf einem Hypothesenvergleich.

Ein numerischer Wahrscheinlichkeitsgrad soll die Gewichtung der alternativen Hypothesen veranschaulichen, indem das Verhältnis der Hypothesen auf 100% bezogen wird. Die Wahrscheinlichkeitsaussagen werden verbal formuliert, wobei den verbalen Formulierungen numerische Wahrscheinlichkeitsgrade zugeordnet sind. Bei den numerischen Wahrscheinlichkeitsgraden handelt es sich nicht um exakte metrische Werte, sondern um Schätzungen. Die Arbeit mit numerischen Werten dient der Veranschaulichung, da sich die Wahrscheinlichkeit aller Hypothesen auf 1 bzw. 100% summieren muss - siehe auch Seibt 1999 und 2008.

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Abb.: Bewegungsrichtung und Proportion der Ausdehnung

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Abb.: Anflickung

Weitere Infos

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Abb.: Schriftänderung

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